Serie – Trend Nischen-Portale
Teil 5: hiersein – ein junges Portal mit Fokus auf Nachhaltigkeit
Bei Booking.com & Co. können Urlauber nach Stichworten die für sie passenden Objekte herausfiltern. Aber durch die gewaltige Zahl an Objekten ist das doch relativ mühsam. Warum nicht gleich bei kleineren Plattformen nachschauen, die sich auf ausgesuchte Zielgruppenangebote spezialisiert haben? Wir stellen in diesem Jahr einige von ihnen näher vor.
Dieses Mal: “hiersein”.
Mit einem ersten Hotel fing 2019 alles an. Daniela Jahn startete die Online-Vermittlung hiersein. Ihre Idee: Eine Seite, auf der sie ihre persönliche Sammlung besonders schöner Unterkünfte in Deutschland vorstellen möchte. Und: nachhaltig sollen sie sein. Knapp 100 Unterkünfte sind inzwischen gelistet.
FHA: Daniela, Nachhaltigkeit bedeutet ja auch Entwicklung. Ständig kommen neue Ideen und Möglichkeiten dazu. Welche Anforderungen stellst Du vor diesem Hintergrund konkret an Deine GastgeberInnen?
Daniela: Mir liegt viel daran, Unterkünfte vorzustellen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten, achtsam mit unseren Ressourcen umgehen. Ganz einfach, weil es ihrer Vorstellung von einer lebenswerten Zukunft entspricht. Sie sind vielleicht nicht perfekt, stellen ihr Tun aber regelmäßig in Frage und drehen eine Stellschraube nach der anderen, um nachhaltiger zu werden.
Ein Beispiel: Eine meiner Gastgeber:innen sah sich bei Übernahme einer Pension mit der Frage konfrontiert, ob sie eine kürzlich erst installierte Ölheizung behalten oder doch mit einer non-fossilen Alternative austauschen sollte. Nachdem die Emissionswerte noch sehr gut waren, entschied sie sich zunächst einmal dafür, in Sachen Strom autarker zu werden. Sie installierte eine Photovoltaik-Anlage und ergriff weitere schnell durchsetzbare Maßnahmen, die allein betrachtet vielleicht keine große Hebelwirkung haben, in der Summe aber sehr wohl. Nach ein paar Jahren war es ihr dann auch finanziell möglich, die Ölheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt.
Oft handelt es sich auch um alte, teils ruinöse Häuser, die aber nicht abgerissen, sondern erhalten werden und damit eine Alternative aufzeigen, wie ressourcenschonend man mit Platz und Entsorgungsproblematiken umgehen kann. Das gilt auch für die Einrichtung, wo in Ergänzung zu wertigen Holzmöbeln vielleicht aufgearbeitete Dachbodenfunde oder Second-Hand-Teile ein zweites Leben bekommen.
Potenziell in Frage kommende Gastgeber:innen erhalten vorab einen Fragebogen, mit dem ich mehr über die nachhaltigen Maßnahmen in den Bereichen Natur, Haus, Essen und Mensch erfahre. In einem anschließenden Gespräch oder Treffen vor Ort klären wir offene Fragen und ich lerne die Geschichte eines Hauses und der Gastgeber:innen kennen.
FHA: Wie ist Deine Erfahrung: Lohnt sich die Investition in Nachhaltigkeit für GastgeberInnen?
Daniela: Davon bin ich überzeugt, vor allem wenn Gastgeber:innen an einem langfristigen Business interessiert sind. Nachhaltigkeit hat dann sogar ein absolutes Einsparpotenzial. Denn wer auf den energieeffizienten Betrieb einer Ferienunterkunft setzt, z.B. durch bessere Dämmung, Dreifachverglasung, Photovoltaik und Wärmepumpe wird auf Dauer auch die Betriebskosten senken. Das gilt auch für Maßnahmen beim Wasserverbrauch, die schnell umgesetzt werden können, wie der Einsatz Perlatoren an Wasserhähnen, Sparduschköpfen und WCs mit Spartasten. Es lohnt sich definitiv, tiefer in das Thema einzusteigen, denn es gibt auch interessante staatliche Förderprogramme für nachhaltige Investitionen. In absehbarer Zukunft wird die Fragestellung wahrscheinlich eher lauten: Kann ich es mir wirklich leisten, nicht in Nachhaltigkeit zu investieren? Gerade auch im Hinblick auf die nächste Generation an Gästen, für die Nachhaltigkeit keine besondere Lebensform mehr darstellt, sondern das neue Normal ist.
FHA: Das erste Objekt hast Du Dir persönlich angeschaut – machst Du das heute auch noch mit neuen Häusern?
Daniela: Grundsätzlich ist es mittlerweile so, dass ich neben dem bereits erwähnten Fragebogen mit jeder Gastgeberin, jedem Gastgeber ein ausführliches Telefoninterview führe, in dem ich mehr über sie und ihre Unterkunft erfahre. Tatsächlich kenne ich aber etwa 85% der vorgestellten Häuser persönlich. Etwa zweimal pro Jahr toure ich durch eine Region in Deutschland und versuche die Reise so zu planen, dass ich möglichst viele hiersein-Unterkünfte besuchen kann, primär solche, die neu hinzugekommen sind, aber auch alte Bekannte. Das ist immer ein besonders schönes Kennenlernen bzw. Wiedersehen, das ich dann für interessierte Urlauber:innen auch auf Instagram teile.
FHA: Wie sieht es mit Deiner Preispolitik aus? GastgeberInnen und UrlauberInnen – wer zahlt bei Dir wie viel?
Daniela: Jede Unterkunft erhält einen sehr individuellen, redaktionellen Beitrag, für den ich im Vorfeld das oben erwähnte Gastgeberinterview führe und zusätzliche Recherchearbeit betreibe, um mich in den Ort und die Umgebung praktisch »hineinzufühlen«. Für den Beitrag fällt eine einmalige Einstellungsgebühr statt. Hinzu kommt eine Jahresgebühr, die in Abhängigkeit der Größe einer Unterkunft steht. Sie beinhaltet die Listung auf der Plattform, ein Social-Media-Paket und die Neuvorstellung im monatlichen hiersein-Newsletter.
Der Beitrag verlinkt direkt auf die Webseite der Gastgeber:innen, d.h. interessierte Urlauber:innen lassen sich auf hiersein durch verschiedene Filtermöglichkeiten nach Themengebieten oder Regionen inspirieren, nehmen für die anschließende Buchung dann aber direkt Kontakt mit den Gastgeber:innen auf oder nutzen das Onlinebuchungs-Tool (oder Kontaktformular) auf deren Webseite. Urlauber:innen zahlen also nichts dafür und müssen auch keinen höheren Übernachtungspreis zahlen, da keine Provisionsregelung zugrunde liegt.
FHA: Wo willst Du mit Deinem Angebot in 5 Jahren sein?
Daniela: Ich möchte, dass hiersein eine persönlich kuratierte Seite an besonderen, nachhaltigen Ferienunterkünften bleibt, die nicht nur schöne Unterkunftsbildchen zeigt, sondern auch die nachhaltig engagierten Menschen, die dahinterstehen. Authentische Präsentationen von Unterkünften, die inspirieren und natürlich vor allem Lust auf Urlaub im eigenen Land machen. Das darf durchaus mit verbesserter Nutzerfreundlichkeit der Plattform einhergehen, mit einem separaten Zugang für Gastgeber:innen, auch zur Vernetzung untereinander, mit Barrierefreiheit und einer wachsenden Sichtbarkeit.
FHA: Vielen Dank Daniela, dass Du Dir Zeit für das Gespräch genommen hast.
Und hier noch der Link für alle, die neugierig geworden sind: https://hiersein.de/
Text: Ute Rentmeister
Foto: Marion Vogel, Loge hiersein